Amtmann
Ein Bericht aus dem Leitmeritzer Bezirk von Dipl. Ing. Vladimír Horák, Ústí n. L.
- Aussig a. E.
Auf den
alten deutschen Landkarten, sowie im Meinholds Routenführer findet man
auf dem markierten Weg Nr. 21
(Böhmisches Mittelgebirge Ost) von Stankowitz nach Welbine einen Felsen namens Amtmann.
"Es ist dies eine
keulenartig geformte Basaltsäule, in die der Sage nach zur Zeit der Patrimonialgerichtsbarkeit ein beim Volke unbeliebter Amtmann verwandelt
worden sein soll."
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Die obige Karte wurde zwar erst nach dem Jahr 1939 herausgegeben,
trotzdem ist der Verlauf der Wege vom heutigen Stand diametral
verschieden.
Im Internet konnte ich nur eine einzige Erwähnung vom Felsen finden. In
einem Artikel über bedeutenden Felsgebilden im
österreichischen
Sudetenpost vom 3.11.1983 schreibt man,
dass es sich um eine 5 m hohe Steinkeule in Form eines menschlichen
Oberkörpers handelt.
Dieses bemerkenswerte Steingebilde geriet nach dem Krieg völlig in
Vergessenheit,
es kennen es weder Aussiger noch Leimeritzer Touristenklubs, heute führt
dazu kein markierter Weg.
Bei der Suche nach dem Felsen hat am meisten die Detaillkarte 1:25 000
vom Meinholds Routenführer vom Jahr 1928 geholfen.
Der windige Zugangsweg deutet an, dass man steil steigen muss.
Die Wegbeschreibung sagt, dass man zum Amtmann auf den nördlichen
Auslauf des Langen Berges kommt. |
Man folgt aus Staňkovice / Stankowitz die gelbe Markierung. Nach der
scharfen Biegung zum Süden sieht man zuerst einen Waldweg,
der in der Karte eingezeichnet ist. Kurz danach haben die Holzhacker
einen anderen Weg gebahnt.
Den nehmen wir. Nach kaum 100 m sieht man schon links oben eine
Felsengruppe, darunter auch den gesuchten Amtmann.
Man muss jetzt ganz
steil steigen, zur Zeit meistens in Brennnesseln und Kletten.
Einige
Abschnitte des ehemaligen Pfads könnte man vermuten.
Der Felsen war bisher unseren Wanderern unbekannt, es scheint jedoch,
das ihn gewisse Felsenkletterer kennen.
Ist da oben nicht ein Kasten für
Gipfelbuch?
Oder was könnte es sein?
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Nach dem Amtmann braucht man noch weiter steil steigen, auf den Kamm des
Langen Berges (Dlouhý vrch).
In der Richtung zum Varhošť / Aarhorst und ehem. Babina A besteht heute
kein Weg.
Es befinden sich dort weiträumige umzäunte Weiden.
Wenn wir auf dem Kammweg Richtung Südosten gehen wollen um wieder auf
den gelben Weg zurückzukommen, müssen wir Einzäunungen wiederholt
überwinden. |
 
Übersetzung in die heutige Schreibweise:
Der steinerne Amtmann. Westlich von Stankowitz kommt man durch das
sogenannte Mühlloch auf den Streitberg,
der zum Langen Berge gehört. Dort steht der steinerne Amtmann, eine vier
Meter hohe Steinkeule,
an der man deutlich ein Mannsgesicht erkennen kann. An dieser Stelle
soll es vor Zeiten einmal einen argen Streit
zwischen einen Heger und einem Amtmann gegeben haben. Jeder blieb auf
seinem Rechte bestehen, und keiner wollte nachgeben.
Da rief endlich der Heger: ,, Zum Zeichen, dass ich die Wahrheit
spreche, soll hier gleich eine Quelle werden!"
Doch der der schlimme Amtmann wollte den Heger Lügen strafen und schrie:
,, Zu Stein will ich werden, wenn das wahr ist, was du sagst!"
und siehe da! Beides erfüllte sich. Sogleich rieselte ein Bächlein
talab, das heute noch Hegerbörnel heißt, und noch jetzt steht dein
Stein gewordene Frevler riesengroß im Waldesdüster und lehrt, dass
Streit und Zank nie gute Früchte bringen.
Eine andere Sage berichtet:
Ein Amtmann der die Bauern in unbarmherziger Grausamkeit bis zur
Verzweiflung plagte, wollte die schöne und brave Tochter
eines armen Häuslers in Stankowitz freien. Die Eltern aber, die den
Widerwillen ihres Kindes gegen den hartherzigen Bösewicht
und seine Angst vor ihm wohl verstanden, verweigerten ihm ihr Kind.
Dafür brachte es der Rachsüchtige soweit, dass den armen Leuten zu
guter Letzt alles verkauft wurde und sie fortziehen mussten. Der Amtmann
aber verfolgte verstohlen seinen Opfern und freute sich seiner Rache.
Als die Armen von ihren Freunden Abschied nahmen, musste er in seinem
Versteck deren Flüche, Verwünschungen und Rachepläne alle mit anhören.
Da packte ihn die Angst. Er wollte davonschleichen und sich in
Sicherheit bringen, aber er konnte nicht Hand und Fuß mehr rühren und
wurde, wie sie es ihm wünschten, zu Stein.
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